Wer ist schuld?

Wer ist schuld?
Wer ist schuld?

Wann immer wir handeln, geht es in der Regel gut. Manchmal aber geht es eben schief. Und wenn etwas schief geht, ist sie sofort da – die Frage nach der Schuld. Was dann kommt trainieren wir schon im Kindesalter. Immer dann wenn wir “Schwarzer Peter” spielen zum Beispiel. Bloß in Deckung, Klappe halten, falsche Fährten legen. Ganz egal, Hauptsache wir sind nicht schuld – oder genauer ausgedrückt: wir werden nicht als schuldig angesehen, erkannt, entlarvt – was auch immer. Gleichzeitig wird wie verrückt nach dem Schuldigen gefahndet. Wieviel Zeit und Ressourcen dafür aufgewendet werden fasziniert mich immer wieder.

Auch medial scheint die Frage nach der Schuld stets die höchste Priorität zu haben. Die Frage nach Ursachen über die Identifikation des Schuldigen hinaus oder gar nach Lösungen und Lehren daraus, nach Maßnahmen, die eine Wiederholung unwahrscheinlich machen – Fehlanzeige. Haben wir erst jemanden ausgemacht, den wir dranhängen können und diesen endlich zur Strecke gebracht, kehrt allseits wieder Frieden ein.

Das darf auch nicht wundern. Diese weiterführende Betrachtung führt vielen eben zu weit. Das zieht weder Leser an, noch hat es Raum in den Tagesordnungen von Besprechungen. Ist ja auch zu komplex und zu kompliziert. Über die Schuldfrage hinaus auf die Ursachen zu blicken ist die Frage nach der Verantwortung und nach dem System. Arrgh – Mist. Das will doch keiner, der in der Hierarchie oberhalb des Schuldigen steht. Denn diese Fragen führen stets nach oben. Wer bestimmt das System? Wer hat das Wissen und die Sichtweise des Schuldigen geformt, entwickelt?

Trennung von Handlung und Wissen.

Das ist natürlich Quatsch! Der Schuldige hätte es ja besser wissen müssen. Achja? Von wem denn? Und hätte er auch tatsächlich können?
Nach wie vor ist Wissen in unserer Gesellschaft hierarchisch geordnet. Wer oben ist weiß mehr, als der darunter. Handlung und Wissen sind horizontal getrennt. Deshalb wird ja auch erwartet, dass der Schuldige sich hätte rückversichern müssen. Wenn du aber etwas nicht weißt, dann weißt du auch oft genug nicht, dass es da was zu wissen gegeben hätte.

Natürlich handeln Menschen auch gegen Regeln und Prinzipien wider besseren Wissens. Oder sie sind soweit ungeeignet für eine Aufgabe, dass sie vielleicht richtig handeln wollen, aber nicht können. Aber wie findet man den Unterschied zwischen Unwissenheit, Unaufrichtigkeit und Unvermögen heraus?

Der Nutzen der Schuldfrage.

Die Frage nach der Schuld nützt hier rein gar nichts.
Zielführender ist die Frage nach der Verantwortung. Also wer gibt worauf welche Antworten bzw. von wem hätten wann welche Antworten erwartet werden müssen? Ist das jetzt Wortklauberei zwischen Schuld und Verantwortung zu unterscheiden?
Wer schuld ist, wird bestraft. Und wer verantwortlich ist? Wird der nicht genauso bestraft? Naja, das passiert nur dann, wenn wir Schuld und Verantwortung fehlerhafter Weise gleichsetzen. Ich finde: wer verantwortlich ist, muss immer dort wo Fehler und Fehlhandlungen auftreten Folgendes tun:

  1. Probleme lösen
    Das ist das Wichtigste und wird allzu oft zugunsten der Schuldfrage vergessen. Wir müssen doch zu aller erst das Problem lösen, welches durch ein fehlerhaftes Verhalten, eine falsche Entscheidung entstanden ist. Wo ist Schaden entstanden und wie kann dieser schnellstmöglich behoben werden?
  2. Ursachen analysieren
    Wie genau ist es dazu gekommen? Welche Wissens- und Kompetenzdefizite haben dazu beigetragen?
  3. Verantwortung identifizieren und verantwortlich handeln
    Wer trägt für welche Bestandteile in der Ereigniskette welche Verantwortung? und übernimmt damit die Aufgabe geeignete Maßnahmen umzusetzen, die eine Wiederholung unwahrscheinlich machen?
  4. Wiederholung vermeiden
    Jeder Verantwortliche übernimmt die Aufgabe geeignete Maßnahmen umzusetzen, die eine Wiederholung unwahrscheinlich machen. Unwissenheit führt zu einer besseren Versorgung mit Informationen. Unvermögen führt zu einer Entwicklung von Fähigkeiten und Unaufrichtigkeit führt dazu ganz gezielt an Defiziten in der Sichtweise und den vom Betreffenden selbst vermuteten Handlungsalternativen zu arbeiten.
  5. Konsequenzen umsetzen
    Natürlich ist auch bei uns ein Fehlverhalten nicht frei von Konsequenzen. Unwissenheit und Unvermögen sind aber ein Thema, welches sich an die betreffende Führungskraft richtet. Unaufrichtigkeit, worunter ich auch Faulheit und einiges mehr zusammenfasse, trifft natürlich zunächst die Verantwortung des Betreffenden selbst. Liegt die Ursache unmittelbar im Handeln des Betreffenden, dann kann manchmal eine Wiederholung nur durch die Entwicklung dieser Person vermieden werden. Erst wenn die Entwicklung dabei an ihre Grenzen durch fortbestehendes Unvermögen oder Unwillen stößt, kann die Lösung darin liegen Person und Aufgabe von einander zu trennen. Das kann durch eine Umsetzung oder als letzte Option Entlassung erfolgen. Wir nutzen dazu eine klar verabredete Eskalation: mündlich ermahnen, schriftlich ermahnen, abmahnen, trennen.

Oft genug ist festzustellen, dass der Betreffende auch die höchste Expertise zur Lösung des Problems besitzt und auch oft genug die Verantwortung zur Handlung hat. Dieser befindet sich in vielen anderen Organisationen aber dann schon auf der Flucht, im Exil oder auf dem Schafott und kann zur Lösung des Problems allein deshalb schon nichts beitragen. Wir halten soweit nur irgend möglich an dem Prinzip fest: wer die Suppe einbrockt, der löffelt sie auch wieder aus. Das hat weniger etwas von Strafe, als davon zu einem Erkenntnisgewinn beizutragen. 

Erkenntnisgewinn ist doch das worauf wir aus sind.

Die aktive Mitwirkung aller Beteiligten, insbesondere des Verursachers, ist die wesentliche Voraussetzung für diesen Erkenntnisgewinn. In einer Atmosphäre der Angst kann das nicht gelingen. Deshalb ist es so wichtig, die Punkte 1. bis 5. in aller Sachlichkeit und stets mit dem Fokus auf Problemlösung und Wiederholungsvermeidung anzugehen.

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