Wer entscheidet hier?

Wer entscheidet hier?
Wer entscheidet hier?

Die Klarheit darüber, wer in einem Unternehmen was entscheidet, also wie das Unternehmen strukturiert ist, gibt den Mitarbeitern Sicherheit.

Dabei räumen wir unseren Mitarbeitern bei Barghorn der Effizienz zuliebe wesentlich mehr Entscheidungsfreiheit ein, als sie es von der vorherigen Generation gewohnt waren. Aber wie und wo startet man so einen Kulturwandel? Sofort, bei sich selbst, durch sichtbar vorbildhaftes Handeln sowie mit Geduld und Beharrlichkeit. Das sind nämlich nach meiner Erfahrung grundsätzlich gute Zutaten für jeglichen Veränderungsprozess.

Um zu beschreiben, wie wir damit angefangen haben, reisen wir in der Zeit zu meinen ersten Tagen in unserer Firma:

Ich sitze in meinem neuen Büro als junger Chef, die Sonne scheint durchs Fenster und ich sinniere gerade über eine organisatorische Fragestellung. Da kommt ein Abteilungsleiter herein mit dem Satz, „Chef, ich habe da mal ein Problem.“ Ganz offensichtlich war dieser Gang zum Chef, also bisher zu meinem Vater, eine routinierte Angelegenheit für ihn. Meine schlichte Erwiderung: „Dann geh raus und löse es, denn das ist deine Aufgabe.

Mich interessieren deine Lösungen.“ Kurze Zeit später kehrte er zurück und sagte, er habe jetzt ein Problem und eine Lösung. Der Stolz, nun offensichtlich mit einem richtigen Anliegen erschienen zu sein, war ihm im Gesicht anzusehen. Ich bedankte mich und erklärte ihm, dass er dafür nicht hätte kommen müssen. Irritiert fragte der Abteilungsleiter nach, wann er denn dann überhaupt zu seinem Chef kommen könne. Darauf gab ich ihm folgende Antwort:

„Wenn du ein Problem, mindestens zwei Lösungen hast und dich nicht entscheiden kannst, dann bist du hier richtig. “

Naja, ein wenig enttäuscht und immer noch irritiert verließ er mein Büro. Das kannte er so nicht und hatte ganz bestimmt auch Zweifel, ob ich da als Chef wohl auf dem richtigen Stuhl saß, wenn ich nicht bereit war klare Anweisungen zu geben. Es dauerte ein wenig, bis er sichtlich erfreut wieder in meinem Büro stand. Tatsächlich hatte er nun ein Problem und zwei Lösungen. Also fragte ich: „Du bist der Experte. Was empfiehlst du?“ Tatsächlich hatte er Argumente, warum die eine Lösung sinnvoller war als die andere. Mit einem freundlichen und breiten Lächeln antwortete ich nur: „Raus.“

Von da an hatte er verstanden, dass die Verantwortung für Lösungen aus seiner Expertise nicht beim Chef, sondern bei ihm selbst lag. Es war aber noch etwas mit ihm geschehen. Er hat Anerkennung für sein Wissen und Können, für seine Einschätzung erfahren. Dadurch konnte er zukünftig viel freier und mit mehr Selbstbewusstsein für die Firma wirken.

Die tiefere Bedeutung des Leitsatzes Wer fragt, führt ist mir recht früh nahegebracht worden. Ohnehin nehme ich Worte und ihre Bedeutung sehr ernst und gerne auseinander. Sprache zeigt unser Denken auf. Die jeweils getroffene Wortwahl sagt viel mehr über unsere Gedanken, als wir oft meinen. Deshalb ist es so wichtig, durch Lesen und Dialog beständig an der Erweiterung des eigenen Wortschatzes zu arbeiten. Das gibt dir die Möglichkeit sehr viel präziser auszudrücken, was dir da als Gedanke durch den Kopf geht.

In dem Wort Verantwortung steckt Antwort und das ist kein Zufall.

Wer antwortet, übernimmt Verantwortung.

Möchtest du, dass deine Mitarbeiter Verantwortung übernehmen, dann sorge dafür, dass sie antworten können und wollen. Ihr Wollen hängt auch sehr davon ab, wie sehr du ihren Wunsch nach Sicherheit befriedigst.

An die größere Eigenverantwortung mussten sich unsere Mitarbeiter erst langsam und schrittweise gewöhnen. Ein wichtiges Element auf diesem Weg ist der Umgang miteinander. Ich haue nicht auf den Tisch, wie manche erwartet oder gar erhofft haben. Wenn man von einem Mitarbeiter verlangt, Verantwortung zu tragen, sollte man aufhören zu antworten. Wenn ich derjenige bin, der Antworten gibt, nehme ich nicht Führung wahr, sondern ich nehme Verantwortung ab. Stattdessen versuche ich mit gezielten Fragen zur Selbsthilfe so lange zu lenken, bis der Mitarbeiter das Prinzip durch learning by doing verstanden hat.

Das war ein irritierender Kulturbruch für Mitarbeiter, deren Lösungsvorschläge bisher nicht wirklich gefragt waren.

Um sich zu äußern, selbstständig zu entscheiden und zu agieren, anstatt sich nur als Erfüllungsgehilfe zu verstehen, mussten die Mitarbeiter erst langsam Vertrauen aufbauen. Es steckt viel Schadenspotenzial darin, wenn Mitarbeiter sich nicht äußern mögen oder nicht das Gefühl haben, dass ihre Meinung gefragt ist. Hätten unsere Mitarbeiter von Anfang an offen ihre Meinung geäußert, hätte ich zum Beispiel den Elektroladen am Anfang meiner Tätigkeit im Unternehmen nicht noch kostspielig renoviert. Es gab Mitarbeiter, die wussten, dass das falsch war, aber sich nicht getraut haben oder gefordert sahen, den Mund aufzumachen.

Von Anfang an wollte ich Geschwindigkeit ins Unternehmen bringen.

Das war mir extrem wichtig. Schon während des Studiums hörte ich immer wieder „Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen.“ Wie sehr so eine zugespitzte Aussage tatsächlich statistisch zutrifft, weiß ich nicht.

In den letzten dreißig Jahren habe ich aber zahlreiche, sehr eindrucksvolle Beispiele gesehen, die mir diesen Satz als wahr und wichtig erscheinen lassen. Ich habe mich also schon früh darauf konzentriert, was unser Unternehmen langsam macht. Dann habe ich immer häufiger bei der Mannschaft angeregt, diese Bremsen abzuschaffen. Genau, wieder lag die Entscheidung nicht beim mir. Wenn es darum geht, für die Geschwindigkeit des Unternehmens hinderliche Prozesse abzuschaffen, dann darf ich mir der positiven und aktiven Mitwirkung der Mannschaft stets sicher sein. Achte mal auf veröffentlichte Umfragen zu der Frage, was sich Mitarbeiter in Unternehmen, oder auch Unternehmer von der Politik wünschen. Der Abbau von Hemmnissen gehört immer zu den Top-Antworten. Der Unterstützung deiner Mitarbeiter beim Abbau von diesen Hemmnissen darfst du dir dann auch gewiss sein. Wer hilft nicht gerne, den Sand
aus dem Getriebe zu nehmen.

Mitarbeiter wollen Leistung zeigen, wirksam sein und damit einen Beitrag leisten.

Bei jedem Versuch das Unternehmen schneller zu machen, benötigen Mitarbeiter Sicherheit. Insbesondere die Sicherheit, keine negativen Konsequenzen für einen solchen Versuch befürchten zu müssen. Deinen Mitarbeitern genau diese Sicherheit zu geben, ist dein Beitrag als Führungskraft.

[…]
Fragen zur Reflexion:

Laufen alle Fäden bei dir zusammen?
Bist du Entscheider oder Moderator?
Wie frei sind deine Mitarbeiter?
Wie sicher dürfen sie sich fühlen?

Schreibe deine Antworten gerne hier in den Kommentar.

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